Eine Straßenkarte – im Englischen »Roadmap«– zeigt ein zusammenhängendes Straßennetz, anhand dessen man verschiedene Wege zu einem Ziel finden und planen kann. In Anlehnung daran betreiben einige Organisationen »Roadmapping«. Dabei handelt es sich um ein strategisches Planungswerkzeug, mit dem man, analog zum Vorbild der Straßenkarte, mögliche Wege zur Zielerreichung zeitlich einordnen, miteinander verbinden und über verschiedene Organisationsbereiche hinweg planbar machen kann. Gerade in volatilen Zeiten steigt die Bedeutung einer integrierten strategischen Planung. Doch wie setzen Organisationen Roadmapping tatsächlich ein? Auf welche Methoden und Tools greifen sie zurück und was können wir daraus lernen?
Roadmapping: Ungenutztes Potenzial?
Der Fraunhofer-Verbund Innovationsforschung, dem das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO sowie die Fraunhofer-Institute ISI, INT, IMW, IRB und IIS angehören, sowie IfM Cambridge, das MIT und TIM Consulting gehen im Update der »Praxisstudie Roadmapping« der Frage nach, wie Roadmaps in der Praxis tatsächlich zum Einsatz kommen. Die Studie untersucht den aktuellen Stand in Organisationen aus der Wirtschaft und Forschung. Das Autorenteam berücksichtigt dabei die aktuellen Trends und Weiterentwicklungen im Roadmapping. Gleichzeitig lassen sich Struktur und Inhalte der Studie nutzen, um Verbesserungspotenziale in der eigenen Organisation zu identifizieren.
Vorgängerstudie aus dem Jahr 2015 als Grundlage
Die Publikation 2023 baut auf der bereits 2015 durchgeführten und erschienenen »Praxisstudie Roadmapping – Einblicke in den praktischen Einsatz, zukünftige Herausforderungen und Erfolgsfaktoren von Roadmaps im unternehmerischen Alltag« auf. Das Ergebnis damals: Roadmaps wurden hauptsächlich in einem Zeithorizont von fünf Jahren sowie meistens für Produkte, Technologien und Projekte eingesetzt. Zudem nutzte nur ein Viertel der involvierten Organisationen Roadmapping auch für die Produktionsplanung und ein Großteil setzte nicht die zahlreichen vorhandenen IT-Lösungen ein, sondern erstellte die Roadmaps auf Grundlage gängiger Office-Software. Basierend auf diesen Ergebnissen erschien beispielsweise eine Übersicht zu verfügbaren Roadmapping Software-Lösungen.
Das Update: Neue Voraussetzungen, aber nicht alles ist anders
Seit dem Jahr 2015 ist die Welt nicht unbedingt weniger komplex geworden. Auch in der methodischen Entwicklung zum Roadmapping hat sich etwas getan. Vor diesem Hintergrund taten sich die Autoren mit den internationalen Partnern IfM Cambridge und MIT zusammen, um global relevante Kompetenzträger einzubinden und auch Organisationen außerhalb des deutschsprachigen Raums zu erreichen.
Entsprechend der Vorgängerstudie legten die Autoren vier Bereiche als Gliederung fest: »Einsatzbereiche und Inhalte von Roadmaps«, »organisatorische Einbindung«, »Informationsquellen, Methoden und Tools« sowie »Herausforderungen und Best Practices«. Zu den wichtigsten Weiterentwicklungen gehören die Detaillierung der Frage zum Einsatz ergänzender Methoden und die zusätzliche Kategorie »Informationsquellen, Methoden und Tools« durch Fragen zum Einsatz von automatischer Datenanalyse, Maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz.
Laut der Teilnehmenden gehören zu den besonders erfolgsversprechenden Methoden, Strukturen und Prozessen die Bildung cross-funktionaler Roadmapping-Teams über verschiedene Planungsebenen hinweg, die enge Einbindung von Stakeholdern und die regelmäßige Überprüfung und Weiterentwicklung der Strategie. Bei den Inhalten von Roadmaps zeigt sich, dass die Bedeutung der Geschäftsmodellentwicklung gestiegen ist, jedoch die Produktionsplanung noch selten in Roadmaps abgebildet wird. Die Mehrheit der Teilnehmenden nutzt zudem nach wie vor Office-Software als Werkzeug im Roadmapping. Zumindest ein Viertel der teilnehmenden Organisationen verwendet bereits Tools der automatischen Datenanalyse im Kontext der Roadmaps. Der allgemeine Kenntnisstand bezüglich Roadmapping hat sich allerdings innerhalb der teilnehmenden Organisationen seit 2015 nur geringfügig verändert – ein Großteil der Befragten gibt den Kenntnisstand als »gering oder mittel« an.
Prof. Sven Schimpf, Geschäftsführer des Fraunhofer-Verbunds Innovationsforschung und Mitautor der Studie, betont: »Die Studie soll weder eine bestimmte Branche noch Gruppe an Organisationen repräsentieren, sondern den aktuellen Stand beleuchten, um Handlungs- und Verbesserungsansätze für den Einsatz des Roadmappings aufzuzeigen«. Er appelliert auch: »Roadmapping ist ein interdisziplinärer Ansatz und kann hochgradig flexibel eingesetzt werden – das Potenzial für Organisationen ist dadurch immens. Für den erfolgreichen Einsatz ist jedoch auch ein hohes Commitment aller beteiligter Akteure notwendig«.